Bei einer Baufinanzierung entscheiden sich die meisten Kreditnehmer für ein sogenanntes Annuitätendarlehen. Das Wort leitet sich vom lateinischen annus (Jahr) ab. Gemeint ist ein Immobilienkredit, für den in jedem Jahr der Laufzeit – und damit auch in jedem Monat – eine gleichbleibende Summe zu zahlen ist. Der Vorteil: Auf den Haushalt kommt eine stets gleiche und damit gut kalkulierbare Belastung zu.
Sinkende Zinsen, steigende Tilgung – so funktioniert das Annuitätendarlehen
Was aus Kundensicht simpel klingt, erfordert im Hintergrund viel Rechenaufwand. Mit jeder Tilgungsrate des Darlehens sinkt der Betrag, für den Zinsen zu zahlen sind. Dadurch würde die Belastung im Laufe der Zeit eigentlich sinken. Beim Annuitätendarlehen wird aber vereinbart, dass die geringere Zinslast durch eine erhöhte Tilgung aufgefüllt wird. Eine gängige Formulierung im Kreditvertrag wäre beispielsweise „Tilgung 2 % zuzüglich ersparter Zinsen“.
Die genaue Berechnung eines Tilgungsplans erledigen glücklicherweise die Banken oder im Internet kostenlos verfügbare Annuitätenrechner für uns. Ein kleines, vereinfachtes Beispiel soll aber verdeutlichen, wie die zusätzliche Tilgung in Höhe der ersparten Zinsen die Rückzahlung des Kredits beschleunigt.
- Eine Immobilienfinanzierung über 100.000 Euro wird mit 3 % verzinst. Als Tilgung sind 10 % im Jahr vereinbart. Daraus ergibt sich eine Annuität von 13.000 Euro, die sich im ersten Jahr zusammensetzt aus 10.000 Euro Tilgung und 3.000 Euro Zinsen.
- Im zweiten Jahr sind nur noch 90.000 Euro zu verzinsen, das macht 2.700 Euro. Da die Annuität gleichbleiben soll, werden jetzt bereits 10.300 Euro getilgt.
- Im Jahr Drei sind noch 79.700 Euro der Kreditsumme offen, daraus ergeben sich 2.391 Euro Zinsen und 10.609 Euro Tilgung.
Führt man diese Rechnung weiter, kommt man bereits im neunten Jahr zu einer vollständigen Tilgung bei einer Schlussrate von 11.409 Euro (332 Euro Zinsen, 11.077 Euro Tilgung).
Volltilgung oder Restschuld
Das oben skizzierte Beispiel geht von einer Volltilgung innerhalb von neun Jahren aus. Die Praxis in der Immobilienfinanzierung ist aber anders. Die Darlehensbeträge sind höher, die Tilgungssätze niedriger, zum Beispiel 2 % pro Jahr. Liegt der Kreditbedarf bei 300.000 Euro, ergibt sich aus 3 % Zinsen und 2 % Tilgung eine Annuität von 15.000 Euro. Eine Volltilgung würde 31 Jahre dauern. So lange möchten sich aber weder Banken noch Kunden vertraglich binden. Kreditverträge werden deshalb mit einer Zinsbindungsfrist von zum Beispiel 15 oder 20 Jahren abgeschlossen. Mit dem Ende der Zinsbindung ist dann noch eine Restschuld offen.
Wegen des aktuell niedrigen Zinsniveaus sind Annuitätendarlehen mit kurzer Zinsbindung in der Regel günstiger. Das Risiko besteht darin, dass eine Anschlussfinanzierung nur zu einem deutlich höheren Zins möglich sein könnte. Dadurch gerät eine Finanzierung schnell ins Wanken. Im letzten Beispiel beträgt die Restschuld nach 15 Jahren immerhin noch 188.400 Euro – nach zwanzig Jahren sind es schon 50.000 Euro weniger, die finanziert werden müssen. Hier gilt es abzuwägen – kurzfristiger Zinsvorteil oder langfristige Sicherheit? Die kürzere Laufzeit ist eine Wette auf stagnierende oder weiter fallende Zinsen. Eine Alternative sind Darlehen mit variablem Zins, aber sie bieten noch weniger Sicherheit.
Sondertilgung und Tilgungssatzwechsel
Wir haben gesehen, wie ersparte Zinsen den Tilgungsbetrag erhöhen und damit die Zeit bis zur Volltilgung bzw. die Restschuld am Ende der Zinsbindung verringern. Sondertilgungen, also Rückzahlungsbeträge über die vereinbarte Annuität hinaus, beschleunigen diesen Prozess. Sie sollten im Kreditvertrag vereinbart sein, da dem Kreditgeber ansonsten eine sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung zusteht. Die gesetzliche Deckelung auf 1 % gilt nur bei Ratenkrediten, nicht bei der Baufinanzierung.
Tipp: Nach zehn Jahren sind Kreditverträge mit Festzins auf jeden Fall kündbar. Das lohnt sich, wenn Geld zur Tilgung vorhanden oder eine Anschlussfinanzierung mittlerweile günstiger zu haben ist.
Eine andere Möglichkeit, flexibel auf sich ändernde finanzielle Rahmenbedingungen zu reagieren, ist die Vereinbarung eines Tilgungssatzwechsels, zum Beispiel zwei Mal während der Dauer der Zinsbindung. Haben sich Ihre Einkommensverhältnisse dauerhaft gebessert, schalten Sie mit einem höheren Tilgungssatz auf ein Schnelltilgerdarlehen um. Dadurch erhöht sich natürlich auch die Annuität. Kommt es dagegen zu unerwarteten Engpässen, etwa durch Krankheit, Arbeitslosigkeit oder Familienzuwachs, lässt sich mit einem geringeren Tilgungssatz die Annuität senken. Damit verlängert sich beim Volltilgerdarlehen die Laufzeit bzw. zum Ablauf der Zinsbindung die Restschuld.
Kostenvergleich gängiger Immobilienfinanzierungen
Um eine einheitliche Basis zu erhalten, gehen wir von einer Darlehenssumme von 100.000 Euro zu 3 % Zinsen aus, die innerhalb von zehn Jahren voll getilgt werden soll. Die günstigste Variante ist ein Darlehen mit einem gleichbleibenden Tilgungsbetrag (Tilgungsdarlehen) von jährlich 10.000 Euro. Die Zinsen summieren sich auf 16.500 Euro. Die jährliche Rate beträgt anfangs 13.000 Euro und sinkt im letzten Jahr wegen der geringeren Zinsen auf 10.300 Euro.
Fast doppelt so teurer kommt ein endfälliges Darlehen. Bei dieser Form werden während der Laufzeit des Kreditvertrags nur Zinsen von jährlich 3.000 Euro gezahlt, zusammen also 30.000 Euro. Das endfällige Darlehen ist sinnvoll, wenn zum Ende der Laufzeit eine größere Geldsumme sicher zur Verfügung steht, etwa die Auszahlung einer Lebensversicherung.
Das Annuitätendarlehen ist mit einem Zinsaufwand von 17.231 Euro nur geringfügig teurer als das Tilgungsdarlehen. Der Kunde kann dafür aber mit einer gleichbleibenden Belastung von 11.723 Euro kalkulieren.